BFW Neujahrsempfang 200 Jahre Braille Rhetorisch, getanzt , spielend und Kulinarisch – MdL Kerstin Celina sieht Teilhabe durch AFD in Gefahr – BBSB-Inform – 03.02.2025
Sehr geehrte Damen und Herren,
Beim BFW-Neujahrsempfang erlebten die Gäste „200 Jahre Braille“ greifbar durch Rhetorik, Tanz, Spiel und Kulinarik – MdL Kerstin Celina sieht Teilhabe durch AFD in Gefahr und appelliert auf Zusammenhalt –
Heute Auszüge aus dem Veitshöchheim Blog über die Veranstaltung:
Die Welt mit Fingern entdecken und sich über das ein oder andere bewegende und kulinarische Highlight freuen konnten die Gäste, die der Einladung der Geschäftsführerin Judith Faltl zum traditionellen Neujahrsempfang des Berufsförderungswerk Würzburg gGmbH (BFW) in der Helen-Keller-Straße 5 in 97209 Veitshöchheim gefolgt waren.
Der Empfang stand dieses Mal ganz im Zeichen der Feier des Jubiläums „200 Jahre Brailleschrift“.
Anlässlich des Welt-Braille-Tages am 4. Januar hatte der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) zusammen mit der Europäischen Blindenunion (EBU) dazu aufgerufen, dieses Jubiläum ganzjährig zu feiern.
So erlebten beim Neujahrsempfang die über 60 Gäste, darunter Betriebsräte, Teilnehmervertreter, Aufsichtsräte, Gesellschafter, Vertreter aus Politik und Partnern des BFW aus Stiftungen, Partnerorganisationen und Unternehmen, die Brailleschrift greifbar in einem bewegten Highlight sowie im Rahmen eines kleinen Spiels und des Menüs.
Bewegtes Highlight – Ein Braille-Tanz
Auf den Einladungskarten der Gäste waren Sterne als Braille-Punkte abgebildet. Diese Schrift blinder Menschen erweckten, jeder als Stern, 18 blinde und sehende Beschäftigte des BFW, darunter auch die Geschäftsführerin Judith Faltl mit einem Tanz zur Musik des Evergreens „Music was my first love“ von John Miles zum Leben. Einstudiert hatte diesen mit ihnen acht Wochen lang immer mittwochs eineinhalb Stunden Conny Lingnan-Scheckenbach, die Trainerin der Tanzfamilie der TG Höchberg.
Braille-Bingo
Anlässlich des 200-jährigen Bestehens der Braille-Schrift hatte BFW-Geschäftsführerin Judith Faltl jeden von ihr am Eingang begrüßten Gäste zu einem spannenden Bingo-Spiel eingeladen.
Jeder Gast konnte aus einer Schale einen kleinen Zettel entnehmen, auf dem drei Buchstaben in Braille-Schrift abgedruckt waren.
Im Saal waren vier Tafeln aufgestellt, die jeweils ebenfalls drei Buchstaben zeigten. Aufgabe der Gäste war es nun, die Buchstaben auf dem erhaltenen Zettel zu entschlüsseln und zu überprüfen, ob sie mit einem der Wörter auf den Tafeln übereinstimmen. Gewonnen hatte man, wenn das Wort mit einem der vier Tafeln übereinstimmte. Auf die Gewinner wartete eine feine Auszeichnung, die Ihre Unterstützung für die Braille-Schrift würdigte.
Braille-Schrift auch auf Speisen erlebbar
Auch bei den Spezialitäten vom kalt-warmen Buffet, mit denen BFW-Küchenchef Thomas Lehrmann und sein Team die Gäste verwöhnten, war die Braille-Schrift bei einigen Vor- und Nachspeisen erlebbar:
Forellen-Braille-Törtchen
Braille-lückshufeisen
Die Geschichte der Braille-Schrift – vorgetragen von MdL Kerstin Celina
Die Grünen-Landtagsabgeordnete beleuchtete als Hauptrednerin zunächst das Leben von Louis Braille, der 1809 geboren, im Alter von drei Jahren durch eine Verletzung in der Schusterwerkstatt seines Vaters in der Nähe von Paris erblindete, wie er vor 200 Jahren die auf einem sechs Punkte-Raster basierte Blindenschrift erfand, die viel zu Inklusion, zum Zusammenleben und Augenhöhe zwischen erblindeten und nicht erblindeten Menschen beigetragen hat. 1829 wurde das erste Buch in Braille-Schrift gedruckt und 1879 die Braille-Schrift offiziell in Deutschland eingeführt.
Die Politikerin ging dann im zweiten Teil ihrer Rede auf die nach ihren Worten „unsägliche, unerträgliche Debatte im Bundestag am Donnerstag ein, bei der es die demokratischen Parteien nicht geschafft haben, hier einen gemeinsamen Vorschlag zu entwickeln.“ Sie verwies auf das von der CDU regierte Bundesland Sachsen, wo die AfD die Ausschüsse für Haushalt und Finanzen, für Schule und Bildung, für Verfassung, Recht und Europa, für Inneres, Kommunales und Sport leite und wo selbst ins parlamentarische Kontrollgremium ein Mitglied aus der AfD mit Stimmen der CDU gewählt wurde.
Celina hielt es für wichtig, dies hier angesichts der nahen Bundestagswahl zu erwähnen, denn Inklusion und Diversität hätten bei der AfD keinen Stellenwert. In dem Maße, wie die Zusammenarbeit mit der AfD wachse, so befürchtet die Grünen-Vertreterin, könne das durchaus negative Folgen für das Thema Inklusion und Zusammenarbeit auf Augenhöhe haben, für das gesellschaftliche Klima, für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen.
Ihr Blick ging zu dieser Feststellung auch in die USA, wo Donald Trump alle Bundesbehörden der Regierung angewiesen habe, ihre Büros und Positionen für Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion (Diversity, Equity, Inclusion – DEI) innerhalb von 60 Tagen zu schließen.
Celina: “ Das gesellschaftliche Klima, das politische Klima ist gerade im Umbruch.“ Es sei dringlich, bewusst Zeit darauf zu verwenden, die Ressourcen aller Menschen möglichst gut zu nutzen für Inklusion und Integration, für Diversität in vieler Hinsicht, und daran nicht in der Hektik zu kürzen.“
Sie sei aber der festen Meinung: „Wir brauchen keine Angst zu haben, wenn wir zusammenhalten und über die politischen Debatten hinaus im täglichen Alltag den offenen, freundlichen Blick in die Gesellschaft richten, wenn wir uns alle dafür einsetzen, dass Menschen die Möglichkeit bekommen, sich einzubringen, sich weiterzuentwickeln. So wie das auch mit der Braille-Schrift gelungen ist.“ Es gelte zu verinnerlichen, was die taubblinde Autorin Helen Keller gesagt hat: „Die besten und schönsten Dinge auf dieser Welt kann man weder sehen noch berühren, sondern nur im Herzen spüren.“
Der Aufsichtsratsvorsitzende der BFW gGmbH stellte in den Mittelpunkt seines Grußwortes die Aussage „Unser Leben wird durch das bestimmt, was wir behalten – und durch das, was wir loslassen“ von Elke Heidenreich in ihrem Bestseller-Buch „Altern“, in dem die Autorin im Alter von 80 Jahren auf ihr Leben zurückblickt.
In diesem ständigen Prozess würden sich, so Brambach, auch die Mitarbeitenden des BFW befinden, auf langjährige Erfahrung und großes fachliches Knowhow zurückgreifen, um neue Wege für die Teilnehmenden zu gestalten. Zugleich seien sie aber auch berei Überholtes los und sich auf auf Innovationen einzulassen – denn nur so könnten sie den sich ändernden Herausforderungen gerecht werden.
Bambach war voll des Lobes: „Judith Faltl und ihre Mitarbeitenden setzen sich hier im BFW intensiv mit hoher fachlicher und herzlicher menschlicher Begleitung und Unterstützung dafür ein, den Menschen, die einen schweren Schicksalsschlag erlebt haben, den Mut und das Selbstvertrauen zu vermitteln, damit sie den nächsten beruflichen und persönlichen Schritt gehen können.“
Thomas Krämer, Vizepräsident des DBSV, nahm dann die Gäste mit in die Welt der Brailleschrift, die sich weltweit ausgebreitet hat. Er sprach die vor ihrer Einführung stehende europäische Norm für taktile Beschriftungen im öffentlichen Raum an und was man inzwischen neben der Basisschrift differenziert für Blinde darstellen kann, so mathematische Formeln, Noten, chemischen Reaktionen oder komplexe Sprachen wie chinesisch oder japanisch. Auch die Hilfsmittel entwickeln sich ständig weiter, so die Darstellung von Zeichnungen, die Folienkopie oder Flächendisplays sind heute Medien, mit den Blinde privat wie auch im beruflichen Bereich technisch mithalten können.
Im Bereich der zugänglichen Medien nannte Krämer 100.000 Titel, die pro Jahr veröffentlicht werden, von denen der DBSV versuche 2000 für Blinde zugänglich zu machen, was bis jetzt zu 30.000 Büchern in Blindenschrift geführt habe.
Um Braille zu lernen, seien viele plötzlich erblindete Menschen auf die Selbsthilfe angewiesen. Im Erwachsenenalter habe man Glück, wenn man in eine berufliche Rehabilitation kommt. Inzwischen biete der DBSV Braille-Lehrbücher zum Download an. Eine sehr positive Entwicklung sei, dass Smartphones zu Discountpreisen die Ein- und Ausgabe von Braille ermöglichen. Eine große Bedeutung haben so auch Sprachausgaben und Hörbücher, die die Teilhabe viel schnell ermit 500 Worten pro Minute erlauben, als dies Braille-Lesern möglich ist.
Die Braille-Schrift sei aber nach wie vor heute noch notwendig, um gerade im beruflichen Umfeld interagieren zu können, so das Arbeiten mit Excel, das Abbilden in Tabellen und Zeichnungen, das Rechnen, auch interaktive Formate wie Vorträge und Besprechungen, wo man präsentieren, notieren und nachschlagen und in Interaktion mit dem Gegenüber treten kann, seien ohne Braille nicht vorstellbar. Dies gelte auch im sonstigen Bereich so für Beschriftungen im öffentlichen Raum, das Lesen von Medikamenten oder Spiele und vieles mehr.
Als Resümee stellte der DBSV-Vizepräsident fest, dass die Brailleschrift die Basis für die berufliche Teilhabe und technisch im 21. Jahrhundert angekommen und im Informationszeitalter unerlässlich ist. Sie biete Unabhängigkeit und Leichtigkeit in Beruf, Freizeit und Mobilität
Wie Celina beklagte aber auch Krämer, was aktuell hier in Europa und über dem Teich in Amerika passiert, sei sehr bedenklich. Eine der ersten Akte der Trump-Regierung sei gewesen, die Barrierefreiheit der Homepage des Weißen Hauses abzuschalten.
So stellte denn auch BFW-Geschäftsführerin Judith Faltl fest, dass das Lesen und Schreiben mit Braille für sie auch heutzutage im digitalen Zeitalter unerlässlich sei.
Faltl: „Mit einem kleinen Würfel, bedruckt mit Braille-Buchstaben, fing für mich vor 50 Jahren Lesen an.“ Die 55jährige war damals als Kleinkind erblindet. Sie war vor drei Jahren die erste Frau, die als selbst Betroffene die In das BFW kommen nach ihren Worten jedes Jahr Menschen, die dieses völlig neue Schriftsystem erlernen müssen, entweder, weil sie im berufsfähigen Alter erblindeten, oder, weil sie aus ihrer Heimat fliehen mussten und dort nie oder kaum die Möglichkeit hatten, Lesen und Schreiben zu lernen.
Faltl schloss ihre Ausführungen mit Zitaten eines Teilnehmers, der nach gut sechs Jahren das BFW verließ, in denen dieser die Möglichkeit hatte, nicht nur die deutsche Sprache bis zum Niveau B2 zu erlernen, sondern auch eine umfassende Ausbildung zu absolvieren, die ihm sowohl beruflich als auch persönlich enorm weitergebracht habe. Die von ihm erlangten Kenntnisse in der Brailleschrift und der Umgang mit spezieller Software und Technologie seien für ihn als sehbehinderte Person von großem Wert und eine unverzichtbare Grundlage für sein weiteres Leben. Er blicke mit Stolz auf seine Fortschritte und sei unendlich dankbar, dass er im BFW ein Umfeld voller Verständnis und Förderung gefunden hatte.
Bevor die Gäste den Neujahrsempfang verließen, wartete auf sie am Ausgang noch als Give-Away ein Apfel als das Symbol des BFW für Innovation., Barrierefreiheit und Inklusion. Der Apfel hatte Print- und Brailleschriftzeichen aufgebracht.
Den vollständigen, auch bebilderten Artikel, lesen sie hier:
https://www.veitshoechheim-blog.de/2025/02/beim-bfw-neujahrsempfang-erlebten-die-gaste-200-jahre-braille-greifbar-durch-rhetorik-tanz-spiel-und-kulinarik-mdl-kerstin-celina-sieht-teilhabe-durch-afd-in-gefahr-und-appelliert-auf-zusammenhalt.html?utm_source=_ob_email&utm_medium=_ob_notification&utm_campaign=_ob_pushmail
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