Fachkräfte und geeignete Plätze fehlen – Rahmenbedingungen in der Alten- und Behindertenhilfe jetzt verbessern – Resolution des BBSB e. V. – BBSB-Inform – 14.11.2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
Tim ist 20 Jahre alt. Er ist blind, mehrfachbeeinträchtigt und Autist. Seit seiner frühesten Kindheit lebt er in einer Einrichtung der Blindeninstitutsstiftung in Regensburg. An den Wochenenden besucht er regelmäßig seine Familie oder die Eltern kommen zu ihm. Die Blindeninstitutsstiftung bezeichnet er als seine zweite Familie.
Seine bisherige Einrichtung kann ihm keine Perspektive bieten, wenn er seine Schulzeit beendet hat. Für die Erweiterung von Plätzen im Erwachsenenbereich fehlen der Einrichtung Personal und Plätze. Um einen Platz in einer spezifischen Einrichtung zu finden, muss Tim deshalb 200 km umziehen. Veränderungen sind für Tim sehr schwer zu ertragen. Ihn nach diesen vielen Jahren aus seiner zweiten Familie herausreißen zu müssen, verstört ihn sehr.
Derartige Berichte sind heute leider an der Tagesordnung. Viele unserer Partnereinrichtungen für Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen mussten einen Aufnahmestopp verhängen. Altenpflegeeinrichtungen schließen einzelne Stationen oder ganz. Familien mit Söhnen oder Töchtern mit komplexen Beeinträchtigungen suchen Jahre nach einem geeigneten Platz, und nehmen weite Fahrtwege auf sich. Rechnerisch sind zwar ausreichend Plätze in Bayern vorhanden, doch nicht jeder Mensch mit Beeinträchtigung kann in jeder Einrichtung angemessen betreut werden. Eltern erfahren häufig Ablehnung.
Während der ersten Welle der Corona-Pandemie haben Menschen in „helfenden“ Berufen (Pflege, Gesundheitswesen, Behindertenhilfe) viel Beifall und Wertschätzung erfahren. Nun ist es Zeit, dass es nicht nur beim Applaus bleibt. Zur Vermeidung einer humanitären Katastrophe in Deutschland brauchen wir dringend und zeitnah einen deutlichen Kurswechsel in der Gesundheits-, Pflege- und Sozialpolitik.
Wir fordern deshalb:
- Auf bayerischer und Bundesebene muss eine Kampagne gestartet werden, die helfende Berufe in ihrer Sinnhaftigkeit bewirbt und die Attraktivität dieser Berufe beschreibt.
- Zeitarbeit in der Sozialbranche muss untersagt, oder zumindest zeitlich reglementiert werden, da sie die Arbeitsatmosphäre zu vergiften droht und immens viel Geld kostet, welches der Regelversorgung dann fehlt.
- Bürokratieabbau, damit so viel Ressource wie möglich in der direkten Begleitung der Menschen ankommt.
- Auskömmliche Finanzierung der Einrichtungen der Behinderten- und Altenhilfe – Daseinsfürsorge vor Wirtschaftlichkeit.
- Ausreichende und geeignete Plätze in der Altenhilfe und für das gemeinschaftliche Wohnen von Menschen mit Beeinträchtigung schaffen – behinderungsspezifische Belange berücksichtigen.
Das Thema geht uns alle an. Wir könnten morgen betroffen sein.
Beschlossen durch die Landestagung des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes e. V. am 10. und 11.11.2023 in Augsburg.
Ihr BBSB-Inform
Wichtiger Hinweis: Aktuell blockieren viele Spam-Filter die Absenderadresse „lists.bbsb.org“. Bitte prüfen Sie ggf. die Einstellungen Ihres Spamfilters.
Zusätzlich verzichten wir auf klickbare Links und ersetzen z. B. das „@“-Zeichen in einer Mail-Adresse durch die Umschreibung „[at]“.
BBSB-Inform wird Ihnen auch am Telefon vorgelesen. Wählen Sie: 0871 7000 14000 (dt. Festnetz).
Das Redaktionsteam können sie folgendermaßen erreichen:
- Mail: Redaktionbbsbinform(at)bbsb.org
- Judith Faltl: Telefon 0 89 – 68 52 58
- Tobias Michl: Telefon 0 8236 – 958 19 12
Wenn Sie sich zum bbsb-inform-Newsletter anmelden möchten, schicken Sie eine leere E-Mail an bbsb-inform-subscribe[at]lists.bbsb.org. Es folgt eine Bestätigungs-E-Mail, auf die Sie einfach antworten. Befolgen Sie ggf. weitere Anweisungen.
Dann erhalten Sie von Montag bis Freitag aktuelle Informationen aus dem Blinden- und Sehbehindertenwesen.
Eine Abmeldung ist jederzeit möglich. Senden Sie hierfür eine leere E-Mail an bbsb-inform-unsubscribe[at]lists.bbsb.org.