„Ich rieche Mama, ich höre Mama, aber ich kann sie nicht spüren“ – Schreiben an Gesundheitsministerin Huml: Bitte dringend COVID-19-Reihentestungen in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung – BBSB-Inform – 27.05.2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
Schritt für Schritt erleben wir Lockerungen.
Auch für die Einrichtungen der Behindertenhilfe, man nennt sie heute besondere Wohnformen, wurde der Aufnahmestop aufgehoben.
Das bedeutet, Bewohnerinnen und Bewohner dürfen von zu Hause zurück oder regelmäßig wieder heimfahren.
Nur Wie schützen wir unsere Bewohnerinnen und Bewohner und unsere Mitarbeitenden?
Insbesondere kognitiv beeinträchtigte Menschen haben große Schwierigkeiten die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.
Sie reagieren bsp. auf die Hinweise Abstand zu halten damit, dass sie sich gar nicht mehr bewegen.
Beim Anlegen eines Mund-Nasenschutz verstummen sie oder verweigern auch, wenn er abgenommen wird, das Essen oder Sprechen.
Deshalb sind aus unserer Sicht dringend COVID-19-Reihentestungen in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung notwendig.
Judith Faltl, die Landesvorsitzende des BBSB, wendete sich deshalb am 18.05.2020 schriftlich an Frau Staatsministerin Melanie Huml, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.
Sie hat Frau Huml eindringlich gebeten, COVID-19-Reihentestungen in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung durchführen zu lassen.
Ebenfalls hat sie unserem Ministerpräsidenten, allen Fraktionsvorsitzenden, dem Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung und weiteren verantwortlichen Politikerinnen und Politikern dieses Schreiben zur Information zugesendet und sie um Unterstützung gebeten.
Den Brief können sie nachfolgend lesen.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Huml,
seit mehr als acht Wochen gilt ein Betretungsverbot für stationäre Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Die Notwendigkeit der getroffenen Maßnahmen erkenne ich uneingeschränkt an.
Gemeinsam mit anderen Organisationen tragen wir, der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund e. V. (BBSB e. V.), Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen mit zusätzlichen Beeinträchtigungen. Weitere Träger derartiger Einrichtungen, auch für Kinder und Jugendliche, sind in unserem Netzwerk. Was ich von den Verantwortlichen höre, erfüllt mich mit großer, großer Betroffenheit und Sorge.
Kognitiv beeinträchtigte Menschen können nicht nachvollziehen, warum sie nun schon mehr als acht Wochen Freunden und Familienangehörigen nicht begegnen können, sie nicht spüren können. Sie verstehen nicht, warum sie nach
einem Besuch außerhalb der Einrichtung zwei Wochen in ihrem Zimmer bleiben müssen. Kinder hören auf zu sprechen, wenn man ihnen einen Mund-/Nasenschutz anlegt. Ein Junge verweigert das Essen, weil er die Wohngruppe nicht verlassen kann.
Der Presse entnehme ich, dass es in Deutschland ausreichend Testkapazitäten auf COVID-19 gibt. Nur 50 % der Testkapazitäten seien ausgeschöpft, wird berichtet. Es ist sogar möglich, ausreichend Tests für den Start der 1. Fußball-Bundesliga bereit zu stellen und zu ermöglichen, dass die Spieler regelmäßig getestet werden.
Ich bitte Sie sehr dringend, sorgen Sie schnellstmöglich dafür, dass in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung Reihentests auf COVID-19 durchgeführt werden. Möglicherweise kann erst mit einzelnen Wohnbereichen begonnen werden, aber auch das wäre schon eine riesengroße Verbesserung.
Ich verstehe, dass Sie mit den getroffenen Beschränkungen insbesondere Menschen mit hohem Risiko schützen wollen. Ich bitte Sie aber inständig darum, die eintretenden Lockerungen auch für Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen in den stationären Einrichtungen schrittweise durch Reihentestungen erlebbar zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Judith Faltl
Landesvorsitzende
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