Donnerstag, 19. Dezember 2024

Informationen aus dem Referat elektronische Hilfsmittel für blinde Menschen – 3/2024 – BBSB-Inform – 19.12.2024

kurz vor Jahresschluss erhalten Sie noch einmal Informationen rund um technische Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen von Christian Stahlberg, Referent für elektronische Hilfsmittel für blinde Menschen des BBSB und Redakteur des Sightviews-Podcasts.

1. Beiträge im Podcast Sightviews

1.1 Mit StellarTrek unterwegs – das neue Rund-um-Navi-Gerät im Test Die Werbung klingt vielversprechend: Der neue Stellar Trek aus dem Hause Humanware ist ein KI-gestütztes GPS- und OCR-Gerät, das blinde und sehbehinderte Menschen bei der täglichen Navigation mit beispielloser Funktionalität unterstützt. Dieses innovative Hilfsmittel ist mit einer eingebauten Kamera und fortschrittlichen KI-Funktionen ausgestattet, die es ihm ermöglichen, Straßenadressen, Eingänge, Hausnummern und Orientierungspunkte zu erkennen und eine präzise Audioführung für die letzten 12 Meter des Weges zu liefern. Der neu eingeführte Fußgängerüberweg-Erkennungsmodus mit Anti-Abweich-Technologie hilft, sicher die richtige Stelle zum Überqueren zu finden und gibt Anweisungen, wenn man vom Kurs abkommt. Darüber hinaus ermöglicht der StellarTrek das Scannen von Barcodes für Produkte mit Ansage von Produktnamen und -details, eine präzise Farberkennung über die Kameras und Text-to-Speech-Funktionalität zum Vorlesen von Straßenschildern, Zutatenlisten, Quittungen oder Nährwertinformationen.

Soweit die Werbung von Humanware – aber trifft das alles auch zu? Aleksander hat all diese Funktionalitäten ausführlich getestet und zeigt die Stärken, teils aber auch erhebliche Schwächen dieses neuen Produkts.

1.2 Vorlesegeräte im Test – der Clearreader Egal ob beim Lesen der Post, dem Auseinanderhalten von Tetrapacks oder dem Sortieren von Kassenzetteln – nahezu täglich muss man auch als blinder oder sehbehinderter Mensch Dinge lesen können. Es gibt heute vielfältige Möglichkeiten, Gedrucktes zu erfassen und vorlesen zu lassen – vom Scanner unter Windows bis hin zur App auf dem Smartphone. Das erfordert aber ein gewisses Know-how bei der Bedienung. Geschlossene Vorlesegeräte konzentrieren sich dagegen auf das Wesentliche und setzen folglich auf einfachste Bedienung. Sie eignen sich besonders für Menschen, die sich nicht lange in ein kompliziertes System einarbeiten möchten oder mit der Technik eher auf Kriegsfuß stehen. Sightviews testet in den nächsten Monaten gleich vier solcher Vorlesegeräte, wobei wir uns auf solche konzentrieren, die den Text mittels einer Kamera und nicht über einen Flachbettscanner erfassen. Erfassen und vorlesen können die meisten mehr oder weniger gleich gut. Aber schon die Verarbeitungsgeschwindigkeit variiert je nach Gerät enorm. Sehr große Unterschiede gibt es auch bei der Ausstattung (mit oder ohne Akku, Tragetasche enthalten etc.), bei den Funktionen (zum Beispiel Abspeichern und wieder Aufrufen von Dokumenten möglich) und der Handhabung (wenige Tasten und absolute Reduzierung auf Grundfunktionen versus detaillierte Navigations- und Einstellungsmöglichkeiten). Manche eignen sich eher für das Lesen von Büchern, ein Test-Kandidat bringt eine KI-basierte moderne Handschrift-Erkennung mit.

Im ersten Test in dieser Serie stelle ich den Clearreader von Optelec vor – wegen der internationalen Ausrichtung des Herstellers, der vielen Händler in Deutschland, der Verzahnung mit Optiker-Geschäften und weil das Gerät in der ersten Version schon 2010 auf den Markt kam, sicher eines der am meisten verkauften Vorlesesysteme. Ob das Gerät noch up to date ist, zeigt sich insbesondere im Vergleich mit den in weiteren Episoden folgenden Tests der Konkurrenten.

Wie immer finden Sie die Beiträge des Podcasts direkt unter www.sightviews.de oder über alle gängigen Podcast-Apps. Auch über das Blindshell Classic und sogar die Webbox von TFA kann das Angebot abgespielt werden.

2. Matapo stellt neues Blindshell-Handy vor Das Blindshell Classic 2 ist ein verbreitetes barrierefreies Mobiltelefon, weil es einerseits eine normale Zifferntastatur bietet, andererseits aber trotzdem moderne Dienste wie WhatsApp auf dem Gerät laufen. Der tschechische Hersteller hat nun Version 3 des Blindshell Classic auf den Markt gebracht. Dabei wurde Bewährtes, wie etwa die einfache Bedienung und das Gehäuse samt der Tasten vom Vorgänger, unverändert übernommen. Auch Abmessungen und Gewicht sind gleich geblieben. Neu hinzu kommt beim Blindshell Classic 3 ein Luna genannter Sprachassistent, der mittels künstlicher Intelligenz Fragen beantworten soll. Die bekannten Programme aus dem App-Katalog sind weiterhin enthalten. Ergänzend können aber auch Apps aus dem Google Playstore installiert werden. Momentan und wo- möglich auch langfristig funktioniert das allerdings nur für Apps, die kein Google- Benutzerkonto benötigen und kostenlos sind. Zur Bedienung der Android-Apps kann man entweder die Tastatur nutzen oder den neuen integrierten Touchscreen verwenden.

Der DHV geht zudem auf die neue Tandem-Funktion ein und schreibt: „Tandem ist zum einen die erste BlindShell-eigene Nachrichtenplattform mit Textnachrichten, Sprachnachrichten, Internet-Telefonie und Videotelefonie. Zum anderen kann eine vertraute Person einen Fernzugriff auf das Telefon erreichen, um beispielsweise Funktionen anzupassen, Kontakte anzulegen oder im Falle eines Notfalls einen Videoanruf zu starten. Die Tandem-App wird es auch für den Apple App-Store und den Google Playstore geben, was auch Anwendern von klassischen Smartphones einen direkten Kanal zu dem Classic3 ermöglicht.“

Das neue Blindshell Classic 3 ist ab sofort bei den bekannten Hilfsmittelhändlern oder direkt im Webshop des Herstellers zum Preis von etwa 650 Euro erhältlich. Wer auf den KI-Sprachassistenten, die Tandem-Funktion, den Google Playstore samt Touchscreen-Möglichkeit, die verbesserte Kamera sowie den höheren Speicher verzichten kann, kann weiterhin das Blindshell Classic 2 kaufen. Es wird auch weiterhin Software-Updates dafür geben.

3. Neue Stockspitze von Ambutech

In einem Sightviews-Interview von der SightCity 2023 haben wir uns bereits darüber unterhalten, nun ist sie in Deutschland erhältlich: die neue Rollspitze Pathfinder 360 Tipp. Sie ist für Ambutech-Stöcke mit Einhäng-Vorrichtung gedacht und hat vorne eine 5 cm große Kugel. Anders als bei bisherigen Spitzen ist diese jedoch senkrecht in zwei Hälften geteilt. Dadurch rollt die Spitze nicht nur bei der Rechts- und Linksbewegung des Langstocks, sondern auch beim Vorwärtsgehen leichtgängig. Es ergibt sich ein geringerer Widerstand. Andere Spitzen müssen sich nach vorne dagegen meist eher schleifend bewegen. Die Spitze ist somit für alle das richtige, die relativ zügig mit ihrem Blindenstock laufen und dabei den Stock ständig rollend auf dem Boden führen. Für ein Pendeln mit Anheben des Stocks und Tippen könnte die neue Konstruktion dagegen zu schwer sein. Ein Rezensent beschreibt das Rollgeräusch zudem als eher laut und beim Anlehnen des Stocks an eine Wand rutscht dieser wegen der Bauform der Spitze schnell weg und fällt um.

Die neue 360-Grad-Rollspitze kann zum Preis von rund 50 Euro beim Landeshilfsmittelzentrum Dresden oder dem DHV Hannover bestellt werden.

4. Neuartiges Kamera-Modul für das iPhone erschienen Eschenbach Optik bietet mit Optaro ein Modul an, durch das ein iPhone um eine zentral angebrachte Kamera, eine Beleuchtung und einen Standfuß ergänzt wird. Dadurch erhält ein iPhone Features, die über die Funktionalität reiner Lupen-Apps hinausgehen. Das Smartphone wird zu einer elektronischen Lupe, wie man sie bisher sonst nur als extra Gerät bekommen konnte. Gesteuert wird das System über eine App.

Die Full HD-Kamera kann abhängig von der Displaygröße des iPhones zwischen 3- und 15-fach vergrößern. Es stehen 14 verschiedene Falschfarbmodi zur Verfügung. Eine Leselinie kann eingeblendet werden. Die „Sag-mal-Funktion“ kann den zentralen Lesebereich vorlesen. Dies ist allerdings keine Vorlesefunktion, mit der man eine ganze Zeile oder gar Seite komplett vorlesen lassen könnte. Die Betriebsdauer des Kameramoduls beträgt max. 2 Stunden, die Ladezeit über einen USB-C-Anschluss 1,5 Stunden und das Gewicht 120 Gramm. Optaro von Eschenbach wird über diverse Optiker-Fachgeschäfte vertrieben, die Kosten liegen bei ca. 700 Euro.

5. Rauch- und CO2-Melder mit Sprachansage X-Sense bietet vernetzte Rauchmelder an. Löst ein Gerät aus, werden die anderen automatisch mit aktiviert. Das neue Modell XP0A-MR überwacht zusätzlich zur Raumluft auch die Kohlenmonoxid-Konzentration im Raum. Besonders interessant für blinde und sehbehinderte Menschen: Das Modell gibt im Alarmfall nicht nur akustisch ein Signal ab, es informiert über eine Sprachansage zusätzlich auch über die Art des Alarms und in welchem Raum ein Melder ausgelöst worden ist. Diese Funktion ist ohne aktive Internetverbindung möglich. Wer eine Basisstation von X-Sense kauft, kann die Rauchmelder zusätzlich per App verwalten. Dann kann man auch Push-Mitteilungen auf das Smartphone im Alarmfall erhalten. Ob die App barrierefrei ist, ist jedoch nicht bekannt.

Der Rauch- und CO2-Melder mit Sprachansage-Funktion kostet etwa 40 Euro, gelegentlich gibt es im Online-Handel vergünstigte Pakete inklusive Basisstation.

6. Weste mit Navigation

Der Deutschlandfunk berichtete Mitte November in seiner Sendung „Forschung aktuell“ von einer neuen Weste, die blinden Menschen bei der Navigation helfen soll. An der Vorderseite ist eine flache Kamera integriert, im Bereich des Rückens sind der Computer und die Akkus verbaut. Die Navigation erfolgt nicht über Töne, Ansagen oder Vibration, sondern man legt eine Hand in Hüfthöhe auf ein Rädchen. Die Bewegung des Rädchens ist der Führung durch Menschen oder Blindenhunde nachempfunden. Das soll eine sehr intuitive Navigation ermöglichen. Derzeit ist das System noch ein Prototyp, entwickelt an der Sorbonne-Universität in Paris. Ein Audiobeitrag kann gefunden werden, wenn man in eine Suchmaschine die Begriffe „Roboterweste“ und „Deutschlandfunk“ eingibt.

Es befinden sich zur Zeit viele Navigationslösungen und intelligente Hinderniswarner in Vorbereitung. Was davon tatsächlich marktreif wird und in wie weit wir blinden Menschen in Zukunft ein Stück weit abhängig von diesen Hilfsmitteln werden oder wie stark wir uns abhängig machen lassen, wird sich zeigen.

7. Mit Audioanleitungen die eigene Kompetenz stärken Wie nutzt man Outlook oder den Edge-Browser mit Screenreader effektiv? Wie geht die blinde Bedienung eines iPhones über den Touchscreen? Was ist mit Siri möglich? Zu diesen und weiteren Themen bietet Schulze IT-Schulung und Dienstleistungen in seinem Shop blindengerechte Audioanleitungen zum Verkauf und anschließendem Download an. Joachim Schulze ist seit vielen Jahren IT-Trainer und teilt auf diese Weise sein Wissen. Auch zu einigen, bei blinden Menschen beliebten Geräten aus dem Bereich Unterhaltungselektronik gibt es Bedienungsanleitungen. Näheres zu den konkreten Angeboten findet man unter dem Menüpunkt „Audioanleitungen“ auf der Internetseite www.schulze-graben.de. Eine telefonische Information und Beratung ist unter 08232 5031303 möglich. Gegen Aufpreis ist anstelle des Downloads auch ein Versand der Anleitung auf CDs möglich.

8. Neue Technik für den Haushalt

Beim Deutschen Hilfsmittelvertrieb in Hannover gibt es nun Induktions-Kochplatten mit Sprachausgabe. Die Einzel- bzw. Doppelplatten erzeugen die Hitze direkt im Topf oder der Pfanne, das Kochfeld rund herum bleibt kühl. „Alle Funktionen werden mit klarer, männlicher deutscher Stimme gesprochen“, verspricht der DHV. „Die Bedienelemente fühlen sich gut an und die Kochfelder verfügen über eine glatte, abwischbare Oberfläche.“ Für den Betrieb sind allerdings für das Kochen mit Induktion entsprechend geeignete Töpfe und Pfannen erforderlich. Die Einzelplatte kostet rund 190 Euro, für die Doppel-Kochplatte werden 340 Euro verlangt.

Ferner gibt es ebenfalls beim DHV die sprechende Heißluft-Fritteuse nun auch als größere Version mit zwei Schubladen.

Soweit die aktuellen Infos aus dem Referat für elektronische Hilfsmittel für blinde Menschen. Ich wünsche Ihnen eine entspannte Weihnachtszeit und bereits jetzt alles Gute für das neue Jahr.