Museum in Bayreuth macht Kunst für Blinde „sichtbar“ – BBSB-Inform – 10.08.2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
Das Bayreuther Kunstmuseum geht einen weiteren Schritt in Richtung Barrierefreiheit. Um auch Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen Kunst näherzubringen, wird aus einer riesigen Skulptur ein 3D-Modell zum Anfassen erstellt.
Bei überdimensional großen Skulpturen wie dem „Marsyas I“ vor dem Bayreuther Kunstmuseum tut man sich allein schon wegen der Größe schwer, das Kunstwerk vollends zu erfassen. Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder schlecht sehen, haben kaum einen Zugang zu dieser Art von Kunst.
„Wir sind ein Museum für alle Menschen, auch für die mit Beeinträchtigungen, und wir müssen den Transfer leisten, damit das, was wir für wichtig halten – die bildende Kunst – rüberkommt. Das ist auch für Blinde und Sehbehinderte ganz, ganz wichtig.“ Das sagt Marina von Assel, Leiterin Kunstmuseum Bayreuth
Um den Zugang zu „Marsyas I“ zu erleichtern und für mehr Barrierefreiheit zu sorgen, hat das Kunstmuseum Robert Falkenstein vom „Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk“ beauftragt, einen 3D-Scan der Statue zu erstellen.
Mit einer Drohne macht Robert Falkenstein Aufnahmen von allen Seiten der Skulptur. Schwierig ist es vor allem auf der Rückseite, denn zwischen Kunstwerk und Mauer sind nur wenige Zentimeter Platz. Da stößt die Drohne auch mal an „Marsyas I“ an. Das tut der Bronze-Statue zwar nichts, aber die Flügel der Drohne sind danach etwas verbogen. „Zum Glück habe ich ein paar Ersatzrotoren mit. Wenn man Sachen benutzt, dann können sie halt auch mal kaputtgehen“, sagt der Drohnenpilot über das kleine Missgeschick, über das er aber lachen kann.
Am Ende ist er mit dem Scan und der daraus errechneten 3D-Aufnahme zufrieden. In einem nächsten Schritt wird daraus in der offenen Hightech-Werkstatt „Fablab Bayreuth“ das rund 30 Zentimeter große Kunststoff-Tastmodell gedruckt – eine Größe, die man noch gut in die Hand nehmen kann, um sie zu ertasten und zu begreifen. Das Museum rechnet im Herbst mit dem Modell.
Barrierefreiheit im Kunstmuseum Bayreuth
Neben einem Aufzug, einem Blindenleitsystem am Boden und Braille-Schrift beziehungsweise erhabenen Buchstaben an den Türen gibt es im Kunstmuseum Bayreuth auch Führungen mit einem Gebärdendolmetscher, der für Gehörlose Sprache in Gebärden umwandelt. Diese Art der „Übersetzung“, die Gebärdensprache, hat sich bereits vor hunderten von Jahren entwickelt.
Um Kunst auch für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen begreifbar zu machen, gab es den Versuch, Originale mit Handschuhen abzutasten: „Das war für uns in Ordnung, aber Menschen, die schlecht sehen können, haben nichts davon“, sagt Kunsthistorikerin Beatrice Trost. Auch sind viele Kunstwerke schlicht zu groß oder unhandlich, um sie abtasten und begreifen zu können. Deshalb soll es bald eben auch das Museums-Wahrzeichen als handliches Modell geben, das ohne Handschuhe angefasst werden darf.
Als Hilfe steht im Museum auch der „Grüne Zwerg“ bereit. Ein Rollcontainer, an dem sich Sehbeeinträchtigte unter anderem festhalten können, der aber auch Hilfsmittel beinhaltet, um die Kunst zu verstehen. Das sind unter anderem Bilder, deren Konturen erhaben und somit ertastbar sind. Zwei kleine Skulptur-Tastmodelle gibt es hier auch schon und dazu noch verschiedene Steinarten oder ein Bronze-Stück, um den Materialunterschied verschiedener Kunstwerke zu erklären und begreifbar zu machen. Dazu kommt in ein paar Wochen dann auch der „Marsyas I“.
Entnommen aus BR24
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