Fehler im System – DBSV fordert sichere Elektrofahrzeuge und veröffentlicht neues Positionspapier zu AVAS – BBSB-Inform – 24.03.2023
Das System, mit dem ein Elektrofahrzeug Warngeräusche von sich gibt, „AVAS“ genannt, ist seit vielen Jahren immer wieder Thema in der Selbsthilfe. Heute berichtet der DBSV in diesem Zusammenhang über gefährliche Sicherheitslücken, die von der Unfallforschung der Versicherer aufgedeckt wurden. Der aktuelle Sichtweisen-Podcast des DBSV widmet sich ebenfalls diesem Thema, und der Gemeinsame Fachausschuss für Umwelt und Verkehr des DBSV hat ein neues Positionspapier zum AVAS veröffentlicht. Mehr dazu erfahren Sie in der folgenden Pressemitteilung des DBSV, die am Dienstag versendet wurde.
Fehler im System – DBSV fordert sichere Elektrofahrzeuge
Elektrofahrzeuge sind leiser als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und werden schlechter wahrgenommen. Seit Juli 2021 müssen sie deshalb über ein AVAS (Acoustic Vehicle Alerting System) verfügen, das Warntöne erzeugt. Die Unfallforschung der Versicherer hat nun gefährliche Sicherheitslücken aufgedeckt.
„Jetzt haben wir es endlich schwarz auf weiß“, sagt Hans-Werner Lange, der Präsident des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV). Die Studie „Wahrnehmung von Elektrofahrzeugen“, herausgegeben von der Unfallforschung der Versicherer (UDV), bestätigt, was blinde und sehbehinderte Menschen schon lang vermutet haben: Ein AVAS, das den Vorgaben entspricht, ist in bestimmten Situationen trotzdem schlechter wahrnehmbar als ein Verbrennungsmotor.
In der Studie geht es konkret um die Frage, wie Fahrzeuge bei Beschleunigung wahrgenommen werden. Ein AVAS gibt hier zu wenig akustische Informationen, um die Beschleunigung gut einzuschätzen. Die Folge sind riskante Situationen im Straßenverkehr. Ein weiteres Problem ist, dass ein AVAS sich beim Erreichen von 20 km/h abschaltet, weil man davon ausgeht, dass ab dieser Geschwindigkeit die Reifengeräusche überwiegen und ausreichen. Ein Trugschluss, wie die Studie nun beweist.
Hinzu kommt, dass in der Studie Fahrzeuge bei gleicher Beschleunigung verglichen wurden. Dass Elektrofahrzeuge in der Praxis deutlich schneller als Verbrenner beschleunigen können, verschlimmert das Problem. Ein weiterer wichtiger Punkt kommt von Hans-Werner Lange: „Die Testpersonen in der Studie konnten die Autos sehen und lagen bei der Einschätzung der Beschleunigung trotzdem daneben. Man kann sich vorstellen, wieviel schwieriger diese Einschätzung für Menschen ist, die auf visuelle Informationen verzichten müssen.“
Der DBSV setzt sich seit vielen Jahren auf nationaler und europäischer Ebene für sichere Elektrofahrzeuge ein. „Angesichts der Ergebnisse dieser Studie müssen die Vorgaben für das AVAS-Geräusch dringend geändert werden. Wie die Erfahrung lehrt, kann das leider Jahre dauern. Deshalb fordern wir die Hersteller auf, freiwillig nachzubessern und so das erhöhte Risiko, das durch die Nutzung ihrer Elektrofahrzeuge entsteht, auf ein normales Maß zu senken“, unterstreicht Lange.
Position des Gemeinsamen Fachausschusses für Umwelt und Verkehr
Das Positionspapier „Akustische Wahrnehmbarkeit von geräuscharmen Kraftfahrzeugen durch optimiertes ,Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) 2.0′ stärken und Verkehrssicherheit erhöhen“ des Gemeinsamen Fachausschusses für Umwelt und Verkehr beim DBSV ist online unter:
Podcast „Präsidiumsgespräch“
Auch im Podcast des DBSV-Verbandsmagazins „Sichtweisen“ geht es in der neuen Ausgabe um die Sicherheitslücken beim AVAS. In der Reihe „Präsidiumsgespräch“ hören Sie das DBSV-Präsidiumsmitglied Peter Brass und Gerald Fröde, den DBSV-Referenten für Barrierefreiheit. Der Podcast steht online zur Verfügung unter:
Darüber hinaus können Sie den Beitrag in Ihrer Podcast- oder Streaming-App hören. Suchen Sie einfach nach „Sichtweisen“. So finden Sie alle Folgen unseres Podcasts und können ihn abonnieren.
Quelle: Newsletter dbsv-direkt Nr. 09-23 / Pressemitteilung DBSV vom 21.03.2023