Tag des Buches, Braille, Bücher und funfackten – BBSB-Inform – 23.04.2025
Sehr geehrte Damen und Herren,
Am 23. April feiert die ganze Welt das Buch! Seine Geschichten, seine Vielfalt und seinen unschätzbaren Wert für Bildung und Kultur.
Was könnte also passender sein, als diesen besonderen Tag zu nutzen, um einen Blick auf eine ganz besondere Form des Buches zu werfen: das Braillebuch.
Es öffnet blinden und sehbehinderten Menschen den Zugang zur Welt der Literatur. Grund genug, ein paar spannende Fakten und Hintergründe über die ersten Gehversuche mit euch zu teilen.
Am Anfang war der stein
Was macht ein guter Erfinder als Allererstes, nachdem er seine Erfindung fertiggestellt hat?
Richtig! Er erklärt, wie sie funktioniert und wie sie angewendet werden kann. Genau das tat Louis Braille im Jahr 1829, als er sein erstes Lehrbuch zur Funktionsweise der Brailleschrift veröffentlichte.
Sein Schriftsystem hatte er bereits 1825, mit gerade einmal 16 Jahren, in einer Art Version 1.0 entwickelt.
Das Buch richtete sich jedoch nicht an blinde Leser, sondern vielmehr an sehende Lehrkräfte und Vermittler. Es wurde in erhabenen Schwarzschriftbuchstaben gedruckt, damit sehende Personen das neue Punktsystem verstehen und weitervermitteln konnten.
Erstaunlich dabei: Die erste Ausgabe von 1829 enthielt keinerlei Braillezeichen. Nicht einmal zur Veranschaulichung. Es war ein rein erklärendes Werk, vergleichbar mit einer Art Rosettastein für das Verständnis einer tastbaren Schriftsprache.
1837 folgte eine erweiterte und überarbeitete Ausgabe, in der dann erstmals auch tatsächliche Braillezeichen geprägt wurden. Mit ihr konnte Louis zeigen, dass sein System nicht nur theoretisch durchdacht, sondern auch praktisch anwendbar war – selbst für komplexe Inhalte wie Musiknotation.
1838 gab es so gar noch einen Nachtrag der sich mit mathematischen Darstellungen beschäftigte.
Louis Braille wird auf der Titelseite als alleiniger Autor genannt. Aufgrund seiner vollständigen Erblindung liegt nahe, dass er das Buch diktiert oder mithilfe eines sehenden Mitarbeiters niederschreiben ließ. Wer genau diese Arbeit übernommen hat, ist historisch nicht überliefert – hier lässt sich also nur spekulieren.
Das erste seiner Art
Zwar war es noch kein Buch im klassischen Sinne, doch handelte es sich bei dieser Textsammlung, entstanden vermutlich zwischen 1829 und 1837, um einen echten Meilenstein in der Geschichte der Brailleschrift.
Verfasst wurde sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht direkt von Louis Braille selbst, sondern von Lehrkräften am Institut National des Jeunes Aveugles in Paris, möglicherweise in enger Zusammenarbeit mit ihm.
Die Sammlung enthielt eine knappe Zusammenfassung der französischen Geschichte, mit Fokus auf zentrale Ereignisse und Entwicklungen, vor allem der Frühzeit Frankreichs.
Ziel war es, zu demonstrieren, dass die Brailleschrift nicht nur für einzelne Wörter oder Sätze, sondern auch für längere, zusammenhängende Texte geeignet war.
Das Werk war somit ein praktischer Testlauf, der den Beweis erbrachte, dass Braille als vollwertige Schrift für Unterricht und Wissensvermittlung eingesetzt werden konnte.
Da jede Seite manuell per Hand geprägt werden musste, Brailledruckmaschinen existierten noch nicht, wurde nur eine sehr geringe Anzahl an Exemplaren hergestellt.
Mindestens eine erhaltene Kopie befindet sich heute in der Rare Book Collection der American Foundation for the Blind in den USA. Es ist jedoch gut möglich, dass sich weitere Exemplare in französischen Archiven oder Spezialbibliotheken befinden.
Identität unbekannt
Zwar wurden viele literarische Klassiker bereits relativ früh in Brailleschrift übertragen, doch welches Werk als der erste vollständig in Braille erschienene Roman gilt, lässt sich aufgrund lückenhafter historischer Aufzeichnungen leider nicht eindeutig bestimmen. Die frühen Veröffentlichungen in Braille konzentrierten sich zunächst vor allem auf Bildungsliteratur, religiöse Texte und Lehrmaterialien. Belletristische Werke fanden erst allmählich ihren Weg in das neue Schriftsystem, oft ohne klare Dokumentation ihrer Erstveröffentlichung.
Der Fall wird abgeschlossen!
Ganz ohne Belletristik kann, will und werde ich euch an diesem besonderen Tag natürlich nicht ziehen lassen!
Und das Beste daran: Ich lasse heute sogar einen bekannten Autor zu Wort kommen! Ein echter Kunstgriff, wie ich finde!
Bei meiner Recherche zum Thema Braillebuch bin ich nämlich ganz zufällig auf den schottischen Krimiautor Ian Rankin gestoßen. Im Jahr 2009 setzte er sich in einer kleinen, aber bemerkenswerten Kampagne für mehr zeitgenössische Literatur in Brailleschrift ein.
Im Zuge dieser Aktion wurde dann sogar einer seiner eigenen Romane als Brailleausgabe veröffentlicht.
Mehr dazu erfahrt ihr in den unten verlinkten YouTube-Videos!
Entnommen aus dem Newsletter Braille 200 Danke an Moritz Wolfart vom Projekt Braille 200 und die Aktion Mensch für die Förderung dieses Projekts.
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